Die Ausbreitung des neuartigen Corona Virus hat die Luftverkehrsbranche hart getroffen. Ein Gespräch mit der zuständigen ver.di Fachgruppenleiterin Mira Neumaier über wirtschaftliche Folgen und Schutz der Beschäftigten
Wie beurteilt ver.di die Auswirkungen der CoronaKrise auf den Luftverkehr? Mira Neumaier | Die Krankheitswelle hat den Luftverkehr bereits sehr früh getroffen. Im Februar fielen erste Flugrouten aus, einzelne Regionen wurden nicht mehr angeflogen. Anfang März kam es zu massiven Buchungsrückgängen. Das hat natürlich wirtschaftliche Folgen für die Gesamtbranche. Hinzu kommt, dass der Großteil der Beschäftigten im Luftverkehr in sensiblen Bereichen arbeitet und daher Gesundheitsund Arbeitsschutz im Zentrum stehen.
Was für wirtschaftliche Folgen sind für die Beschäftigten der Airlines zu befürchten? Mira Neumaier | Die Auswirkungen zeigen sich in der Stärke momentan ganz unterschiedlich. So ist etwa der Flugbetrieb der Lufthansa, und damit die Air Crew, unmittelbar und massiv betroffen. Weil viele Konzerne Reiseverbote für ihre Beschäftigten ausgesprochen haben, sind große Teile des Geschäftskundenfelds weggebrochen. Im Tourismus ist es teilweise ebenso. Diejenigen Airlines, die Flugzeuge nur leasen, trifft es ganz besonders hart. Ein Beispiel dafür ist der Konkurs der Flybe am 4. März. Entscheidend ist nun, wie der Sommerflugplan aussehen wird. Das ist noch völlig unklar. Der LufthansaKonzern denkt nun auch über Kurzarbeit nach.
Was bedeutet das für die Beschäftigten am Boden? Mira Neumaier | Auch diese Kolleg*innen sind unmittelbar betroffen. Drei Beispiele: Bei der Line Maintenance der Lufthansa Technik wirkt sich die Krise sofort aus. Im Cargobereich kann es mittelfristig zu stärkeren Auswirkungen kommen. Die Großflughäfen sind stark betroffen, so hat Fraport einen großen Aktieneinbruch zu verkraften. Der Konzern hat den Beschäftigten freiwillige Teilzeit und unbezahlten Urlaub angeboten.
Was fordert ver.di zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten? Mira Neumaier | Wir sehen hier ein großes Informationsdefizit vieler Unternehmen gegenüber ihren Beschäftigten. Nicht alle gehen mit Fragen und Ängsten so sinnvoll um, wie es derzeit die Lufthansa handhabt. Insbesondere Lowcoster und Bereiche, in denen keine Mitbestimmung vorherrscht, binden – wie immer – die Beschäftigten nicht genug ein.
Was macht ver.di in dieser Krise? Mira Neumaier | Unser oberstes Ziel ist der Gesundheitsschutz der Beschäftigten, aber auch Arbeitsplätze und Entgelte abzusichern. Hier sind wir in enger Abstimmung mit der Bundesregierung, wir haben eine Ausweitung der Kurzarbeitsmöglichkeiten zum Wohle der Beschäftigten eingefordert. Klar ist aber auch: Der Luftverkehr hat im vergangenen Jahrzehnt hohe Profite eingebracht – wir stellen daher unsere normale Tarifarbeit nicht ein. Nach wie vor setzen wir uns für einen existenzsichernden Branchentarifvertrag für die Bodenverkehrsdienste ein. Wichtig ist, dass wir die betrieblichen Akteure, die Betriebsräte, vernetzen und unterstützen, diese Krise zu meistern und die Beschäftigten zu schützen. Die besondere Stärke einer großen Luftverkehrsgewerkschaft wie ver.di liegt darin, dass wir nahezu die gesamte Branche vertreten.
Sieht ver.di die Gefahr, dass die Unternehmen die Krise nutzen, um Arbeitsbedingungen zu verschlechtern? Mira Neumaier | Wir haben es mit einer ernsten Krise der Branche zu tun. Dies kann auch mittelfristige Folgen für die Arbeitsbedingungen haben. ver.di und der Aircrew Alliance ist es wichtig, Augenmaß und Ruhe zu wahren und alle existierenden Standards zu schützen. Wir bleiben dran im Sinne der Beschäftigten