For The Best New Normal – Ein Rückblick

05.11.2020 Eilmeldung, Infos rund ums Fliegen

Zur Videobotschaft https://share.vlognow.me/s/1236535

Am 28. Oktober 2020 hatte die ver.di Bundesfachgruppe Luftverkehr zusammen mit der Aircrew Alliance zum Kick-Off „For The Best New Normal“ im Luftverkehr eingeladen. Einem ersten Aufschlag einer nun regelmäßig stattfindenden Veranstaltungsreihe von ver.di und Aircrew Alliance mit Vertretern aus Politk, Wirtschaft(sverbänden) und Unternehmen des Luftverkehrs. Durch COVID-19 im digitalen Format, Fast 30.000 Kolleg*innen beteiligten sich über die Videokonferenzsysteme oder verfolgten die Veranstaltung in Social-Media-Kanälen oder über den Live-Stream im Internet. Dabei waren alle Bereiche des Luftverkehrs vertreten: Von den Bodenverkehrsdiensten (BVD), den Sicherheitsdienstleistern, den Flughäfen, aus allen Bereichen der Lufthansa wie auch das fliegende Personal aus Cockpit und Kabine aller anderen in Deutschland operierenden Airlines.

Eine beeindruckende Teilnahmeresonanz, die jedoch auch zeigt, dass die Beschäftigten im Luftverkehr viele Fragen, Sorgen und Ängste haben. Sie wollen eine Perspektive, eine Zukunft für ihre Tätigkeit im Luftverkehr sehen. Das wurde auch in den hunderten Fragen der Teilnehmer*innen deutlich, die uns vor und während der Veranstaltung zugegangen waren.

In ihrer einführenden aktuellen Bestandsaufnahme hat Mira Neumaier, ver.di Bundesfachgruppenleiterin Luftverkehr, deutlich gemacht, welche Risiken wir sehen, wenn die einzige Antwort der Airlines im Restart ein erneuter Wettbewerb um möglichst billige Ticketpreise ist.

Schon jetzt sind wir von nahezu allen Arbeitgebern im Luftverkehr aufgefordert, „Krisenvereinbarungen“ zu treffen. Damit sollen bestehende tarifliche Leistungen abgesenkt werden, einige Arbeitgeber fordern bis zu 30 % Vergütungseinbußen! Oft wird das nicht nur mit den aktuellen Einnahmeausfällen, sondern darüber hinaus mit einer Neuaufstellung im Dumping-Wettbewerb begründet. Viele Arbeitgeber haben bereits die Streichung von Arbeitsplätzen angekündigt.

Gerade vor diesem Hintergrund begrüßt ver.di die Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende 2021 und die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes von 80 bzw. 87 % des Nettoentgeltes.

Durch Fluktuation, das Auslaufen befristeter Verträge oder die Beendigung von Leiharbeit arbeiten heute bereits deutlich weniger Menschen im Luftverkehr.

Diese Krisenbeschreibung führte auch direkt zu dem Thema für die Paneldiskussion: „Einfach weiter so? Auf Kosten der Umwelt, der Gesundheit und der Arbeitsbedingungen für 5 Euro nach Mallorca?“

Für die Paneldiskussion waren Christine Behle als unsere stellvertretende ver.di Vorsitzende, Anette Kramme, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium (BMAS), Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (BMVI) und Mathias von Randow vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) eingeladen. Digital zugeschaltet waren Claudia Amir, ver.di Bundesfachgruppenvorsitzende Luftverkehr und BR-Vorsitzende Fraport sowie Christian Hirsch, KBR-Vorsitzenden der Deutschen Lufthansa AG.

Moderiert hat Fani Zaneta, persönliche Referentin der stellvertretenden ver.di Vorsitzenden.

Grundlage für die Diskussion war das ver.di Luftverkehrskonzept, dass die Bundesfachgruppe im Sommer 2020 vorgelegt hat. Es beschreibt wie der Luftverkehr bei einem Neustart nach der Pandemie anderen Kriterien außer Wettbewerb und Preisdruck gerecht werden kann. Es enthält Forderungen nach einem anderen Verständnis des Luftverkehrs als europäische und globale Verkehrsinfrastruktur von wesentlicher Bedeutung, verstärkten Klimaschutz und Nachhaltigkeit und einer größeren Bedeutung sozialer Kriterien insbesondere bei der Gewährung von Staatshilfen.

Christine Behle stellte das Luftverkehrskonzept in den Fokus ihrer Ausführungen und machte deutlich, dass wir damit auch der Arbeitgeberlogik, nach der die Personalkosten in gleichem Umfang wie die Umsätze sinken müssen, etwas entgegensetzen wollen. Nur so könne es gelingen, in der Zukunft wieder Arbeitsbedingungen zu erreichen, die es den Beschäftigten ermöglichen, ihre Gesundheit zu erhalten und ihrer Arbeit nachzugehen, ohne dabei krank zu werden.

Dabei zeigen wir auch, dass Klimaschutz und Beschäftigung kein Gegensatz ist. Viele Maßnahmen für mehr Klimaschutz an den Flughäfen, am Boden, in der Technik und bei den Airlines können auch mehr Beschäftigung generieren.

Wir wollen einen anderen Luftverkehr, bei dem soziale, gesundheitserhaltende, ökologische und nachhaltige Kriterien verstärkt Beachtung finden.

Enttäuschend waren die Antworten der beiden Staatsekretär*innen. Zunächst haben wir jetzt die Krise zu überwinden, danach sehen wir weiter, war die zentrale Aussage in dieser Runde. Wichtig sei jetzt, mit Staatshilfen den Unternehmen zu helfen und große weitere Insolvenzen zu verhindern. Damit würde auch die Infrastruktur gesichert. Angesprochen auf die Bedeutung der Beschäftigten, die mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass diese Infrastruktur auch funktioniert, kamen wenig konkrete Antworten. Anette Kramme verwies auf die verbesserte Unterstützung für Qualifizierungsmaßnahmen des Sozialgesetzbuches. Steffen Bilger beantwortete Fragen nach sozialen Kriterien bei der Vergabe von Staatshilfen mit dem pauschalen Hinweis, dass „der Staat nicht der bessere Unternehmer“ sei.

Eine Meinung, der sich auch Mathias von Randow anschloss. Darüber hinaus begrüßte er die schnelle Reaktion der Politik im Frühjahr, mit der die für den Erhalt der Unternehmen erforderlichen Liquiditätshilfen und die Regelungen zur Kurzarbeit möglich wurden. Er betonte dabei auch die gemeinsame Verantwortung der Sozialpartner. Soziale Kriterien? Fehlanzeige! Antwort auf die Frage, dass einige Unternehmen die Krise missbrauchen wollen, um Tarifverträge zu verschlechtern oder zu unterlaufen – Fehlanzeige! Verantwortung der Sozialpartner?

Claudia Amir warb noch einmal dafür, den Restart im Luftverkehr für eine Neuausrichtung des Luftverkehrs und für einen verstärkten Gesundheitsschutz für Beschäftigte und Passagiere zu nutzen. Viele Probleme der Beschäftigten basieren auf einem ruinösen Wettbewerb nach 25 Jahren der Liberalisierung und der Dereguelierung. Wir brauchen eine „Kehrtwende“. Ein einfaches „Weiter so“ nach der Krise hätte katastrophale Folgen für die Beschäftigten, die Passagiere und die Umwelt. Dabei fragte sie gegenüber der Politik auch nach deren Verantwortung für die Beschäftigten.

Abschließend machte Christian Hirsch die wichtige Rolle der Mitbestimmung in dieser Krise deutlich. Am Beispiel Lufthansa erläuterte er, mit welchen Forderungen Arbeitnehmervertretungen und Tarifkommissionen konfrontiert werden und welche Verantwortung sie dabei tragen. Dabei warb er auch für mehr Vertrauen in die Mitbestimmung, die aktuell eher als „lästiger Zwischenschritt bei der Umsetzung von Maßnahmen gesehen“ wird.

Dabei sind die Vorgänge bei der Lufthansa vielleicht prominenter als bei anderen Unternehmen, die Arbeitgeberforderungen sind jedoch weitestgehend ähnlich. Egal ob bei kleineren Bodenverkehrsdienstleistern, kleinen und großen Flughäfen oder bei den Airlines: Personalabbau, Lohnkürzungen, Einschnitte bei der betrieblichen Altersversorgung sind die Antworten der Arbeitgeber auf die Krise!

Gegenüber der Politik warb er für eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft. Mit den aktuellen Staatshilfen wird kein sozialverträglicher Personalumbau sondern vielmehr der Weg vom Kurzarbeitergeld zum Arbeitsamt finanziert. Das kann nicht das Ziel einer verantwortungsvollen Politik sein. Er formulierte einen Appell an die Bundesregierung: „Helfen Sie den Menschen!“

Angesichts der vielen hunderte Fragen der Teilnehmer*innen, Fragen nach sozialen Kriterien, wie Tarifflucht vermieden werden kann, welche Qualifizierungschancen es gibt, wird es Transfergesellschaften geben, gibt es einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen müssen die Beiträge der Paneldiskutant*innen enttäuschend gewesen sein. Die allermeisten Fragen blieben unbeantwortet.

Die ver.di Bundesfachgruppe hat diesen Branchendialog als Kick-Off für weitere Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten konzipiert. In den nächsten Monaten werden (digitale) Gesprächsrunden zu spezifischen Themenblöcken des Luftverkehrskonzeptes angeboten. Zu diesen Themen gehören der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur als Dienstleistung im allgemeinen Interesse und die Bedeutung der Beschäftigten, Gesundheitsschutz für Beschäftigte und Passagiere, Nachhaltigkeit und Klimaschutz und zur Gestaltung des Transformationsprozesses unter Mitnahme der Beschäftigten.

Die alle Themen verbindende Fragestellung für die ver.di Bundesfachgruppe wird auch weiterhin die Zukunft des Luftverkehrs nach Covid-19 und die Perspektive für Arbeit und Beschäftigte bleiben.

Wie es jetzt weiter gehen soll, beschreiben Mira Neumaier und Christian Hirsch in ihrer Videobotschaft. Diese findest Du hier: https://share.vlognow.me/s/1236535

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